Kaufbeuren, St. Martin
Die Stadtpfarrkirche St. Martin beherrscht mit ihrem weithin sichtbaren Turm das Stadtbild von Kaufbeuren. 1308 findet die Pfarrei St. Martin erstmals in den Schriftquellen Erwähnung. Herrmann der Phaffe und Hainrich der Liutpriester von Burun, die 1240 bzw. 1299 erwähnt werden, können beide als Pfarrer von St. Martin gelten. Bei Grabungsarbeiten wurden 1978 im Chor von St. Martin die Überreste vier verschiedener Apsiden entdeckt, die auf Vorgängerbauten zurückgehen. Der älteste der Apsidenreste kann als Teil einer frühmittelalterlichen Königshofkirche gelten, die Datierung ist jedoch archäologisch nicht gesichert. Als Reichshofkirche war St. Martin Fiskalkirche und stand daher nur den Königsverwaltern des fränkischen Reichshofs, der um die Mitte des 8. Jahrhunderts gegründet wurde, zur Verfügung. Im Zusammenhang mit der karolingischen Zeit Kaufbeurens ist das Patrozinium zu werten, da der Hl. Martin als Haus- und Hofheiliger der Frankenkönige gilt. Im Zuge der Neugestaltung Kaufbeurens nach der Übernahme durch die Staufer in Person Heinrichs VI. 1191 erhielt St. Martin um 1200 die Gestalt einer romanischen Basilika. Der Sakralbau der Stauferzeit fiel 1325 einem Brand zum Opfer und wurde im gotischen Stil neu errichtet. Die Reste des romanischen Baus sind nur mehr im Südportal der Kirche und im Taufstein erhalten. Von 1438 bis 1443 entstand ein Neubau der Stadtpfarrkirche. Die Weihe erfolgte durch den Augsburger Bischof Peter Kardinal von Schaumberg. Später wurde die Kirche mit einem Schnitzaltar des Ulmer Meisters Michael Erhart ausgestattet.
Um 1520 kam der Protestantismus nach Kaufbeuren. 1545 wurde die Pfarrkirche nach den Vorstellungen des in Kaufbeuren inzwischen vorherrschenden Protestantismus komplett umgestaltet. Der Stadtrat übernahm das Recht zur Besetzung der Pfarrei. Seit 1555 galten für Kaufbeuren die Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens für Reichsstädte gemischter Konfession. Bis zur Errichtung der evangelischen Dreifaltigkeitskirche im Jahr 1614 wurde der Kirchenbau St. Martin von beiden Konfessionen gemeinsam verwendet.
Im 17. und 18. Jahrhundert erfolgte eine Barockisierung der Kirche. Unter Stadtpfarrer Josef Landes wurde die Kirche 1893–1899 neugotisch eingerichtet.
Die Orgel, auch Crescentia-Orgel genannt, wurde im Jahr 1999 durch die Orgelbaufirma Siegfried Schmid (Knottenried) erbaut. Das Instrument hat 50 Register auf drei Manualen und Pedal. Die Spieltrakturen sind mechanisch, die Registertrakturen mechanisch und elektrisch. Das Orgelgehäuse wurde in Anlehnung an den gotischen Kirchenraum gestaltet.
Als Wallfahrtstag bietet sich das Patrozinium des hl. Martin von Tours am 11. November an.
Kaufbeuren, St. Martin
Pfarrgasse 18, 87600 Kaufbeuren
Telefon: 08341 9523 11, Fax: 08341 9523 41
E-Mail: pg.kaufbeuren@bistum-augsburg.de
Fotos: © Dr. Peter C. Düren